Weiter geht es auf und neben der E4, Zwischenstop in Gävle bei km 60. Hier wird sofort die sog. Oldtown aufgesucht. Das römische Pflaster reiht sich ein als eines der krassesten überhaupt: warum mussten sie damals die Steine wie Hinkelsteine aufrecht stellen anstelle sie zu legen? Zum Glück sind Platten in die Mitte des Weges eingearbeitet, so kann dieser Teil der Stadt wenigstens auch mit Rad befahren werden.
Gävle selbst ist dieses Mal eine etwas ältere Stadt, 1446 existierte es bereits.
Die Stadtrundfahrt wird knapp gehalten und weiter geht’s in Richtung Südwesten, vorbei an Lachsgründen. Nach weiteren ca. 40 km kommt der kleine Ort Skärplinge. Ich schaue mich vorsichtshalber nach einer Schlafgelegenheit um und werde fündig (und es werden ganz nebenbei auch Sternschnuppen gesichtet). An diesem Tag bin ich übrigens erst zum 2. Mal mit Musik in den Ohren gefahren, der skandinavischen Ruhe kann man also durchaus etwas abgewinnen.
Der folgende Morgen überrascht mich: entweder sind meine Ansprüche gestiegen oder die Schweden mit ihrer Grundstücksmarkierung nachlässiger, denn zum ersten Mal werde ich am nächsten Morgen geweckt und gebeten das unscheinbare Privatanwesen zu verlassen (wahrscheinlich beides)… aber das Timing ist ganz ok. Die Dame lässt mit sich reden.
Ich starte dennoch relativ früh. Nach diversen Zwischenstops passiere ich gegen Mittag Forsmark, ein sog. Ökopark inkl. kleiner urtümlicher Ortschaft samt Schloss.
Da ich hier ganz in der Nähe die 4000 km der Tour knacke, gibt’s einen kurzen Aufenthalt als Belohnung inkl. kleinem Museumsbesuch, in welchem das schwedische Schmiedehandwerk und andere Lebensarten auf anschauliche Weise dargestellt werden. Bei der Essens- & Warenausgabe konnten die Bediensteten damals bis zu 9 Liter pro Tag eines schwach gebrauten und eher zu Konservierung gedachten Bieres abholen. Die nachgebildete Schule, das Holzhandwerk… auch ohne viel Text sind die Entwicklungsschritte gut nachvollziehbar und zeigen wie in der damaligen Zeit gelebt und gearbeitet wurde.
Die ganze Gegend ist übrigens an sich sehr sehenswert. Nach diesem Aufenthalt, bei dem ich gleich mehreren Studenten meine Reise erläutere und fleißig Flyer verteile, geht es eher gemäßigt weiter.
Starker Gegenwind solange die Sonne scheint bis Norrtälje. Den Schlafplatz in Norrtälje (frei zugängliches Seebad) erreiche ich bei km 140 mitten in der Nacht und auch bloß, weil mir freundlicherweise von Einheimischen lauter gute Vorschläge unterbreitet wurden (gar nicht so einfach inmitten einer unbekannten Stadt eine gute Schlafgelegenheit zu finden).
Auch Norrtälje wurde 1621/22 von Gustav 2. Adolf gegründet (bzw. Stadtrechte verliehen) und später durch russiche Truppen in einem Rachefeldzug nieder gebrannt.
Am Mittwoch, 5.8., breche ich von hier aus nach Stockholm auf. Ich werde Mittags von einem länger anhaltenden Regenschauer erfasst, durch Zufall bekomme ich die Gelegenheit mit einem Bus weiter zu reisen und so die Stadt pünktlich zu erreichen!! Es warten einfach zu viele Aufgaben um Zeit zu verlieren. In Stockholm angekommen düse ich in den Stadtteil Södermalm und hole die frisch gedruckten Postkarten ab. Kurzer Halt im Radlercafe um das Equipment zu laden & weiter geht’s in die Stadt zum Fotofinish.
Ein paar Runden drehe ich noch (insgesamt gehen so 22 km zusammen) bevor ich zum Flughafenhotel ca. 45 km außerhalb aufbreche. Ich organisiere mir Klebeband und Pappe bei umliegenden Baustellen um meine Sachen insbesondere das Rad für den Flug verpacken zu können.
Die Nacht wird kurz, es dürfen 50 Postkarten beschrieben werden… gegen 3:00 morgens ist es dann soweit.
Am Flughafen selbst gibt es keine Schwierigkeiten, das Rad wird gut von mir verpackt und anschließend heile nach München transportiert, die Karten kommen hoffentlich ebenso alle an!?
In München laufe ich gegen eine Hitzewand und bin insgeheim froh, dass das Wetter während der Radtour nicht so extrem heiß war.
Insgesamt verfahre ich über 4180 km und habe damit definitiv die 4000 km geschafft (aufgrund meiner Zugreise von Tschechien nach Polen bin ich ja eine Distanz vom ca. 170 km nicht selbst geradelt).
Nachdem der ganze Trip nun gänzlich anders verlaufen ist als geplant bin ich froh, dass alles gut gegangen ist und ich es auch alleine hinbekommen habe. Um so mehr freue ich mich über eure Unterstützung, die ihr während der Tour offenkundig gezeigt habt! Vielen Dank und bis bald, z.B. auf Betterplace!
Eure Fragen zu dem Projekt von Ingenieure ohne Grenzen e.V., der Radtour & -route sowie Spendenthemen können gerne an mich gerichtet werden.
Anfragen zu Fotopräsentationen nehme ich natürlich auch sehr gerne entgegen!
Bücher oder Videos sind erst einmal keine geplant (auch wenn durchaus Material vorhanden wäre).
Keep on cycling, at least on moving – Euer Chris!