Zelt getrocknet, Sachen gewaschen und halb getrocknet, dennoch gepackt und ab in die Tallinner Altstadt zu all den Touristen, die diese Stadt nicht ohne Grund täglich aufsuchen. Einziger Unterschied: ich erfahre die Stadt in kürzester Zeit mit dem Rad und nicht zu Fuß. Das römische Pflaster passt wie immer nicht ins Konzept und so errege ich mit viel Geschepper entsprechende Aufmerksamkeit, zumindest bei der Abfahrt von der Oberstadt (Toompea) in die Unterstadt. In der entgegen gesetzten Richtung muss ich mir zuvor einen Weg durch die Massen erarbeiten werde aber alsbald mit dem Triumph belohnt der Einzige weit und breit zu sein, der so die Stadt besichtigt – und zwar das „lange Bein“ hinauf, der schmale Verbindungsweg zwischen den zwei Stadtteilen. Dort oben angelangt kann man z.B. die Alexander-Newski-Kathedrale sowie das Schloß Toompea besichtigen oder den Ausblick genießen, das Parlament der Republik bleibt einem jedoch verschlossen.
Die Hansestadt hat in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Herrschern vorlieb nehmen dürfen, ob deutsche Orden, Schweden, Russen oder die Vorherrschaft unterschiedlicher Kirchen, in vielen der bisher besuchten Städte / Ländern zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Sichtbar wird dies an den unterschiedlichsten Kirchengebäuden umsowie der für Tallinn markanten, ständig erweiterten Wehranlage, die zum großen Teil noch erhalten ist – obwohl ein Großteil der Stadt bombardiert und zerstört wurde. Der mittelalterliche, gut erhaltene Stadtkern ist auch verantwortlich für den UNESCO-Weltkulturerbe-Status und tatsächlich einen Besuch wert.
Bis zur Abfahrt meiner Fähre um 16:30 konnte ich also etwas hineinschnuppern ohne einen Tag opfern zu müssen. Etwas Besonderes ist das Fähren-Boarding, wenn gemeinsam mit den LKWs die Hallen gefüllt werden und man bemüht ist einen sicheren Haltepunkt zu ergattern. Sehr gut organisiert alles.
Der Trip nach Helsinki dauert 2h. Mit Verlassen des Hafens nehmen mich mitreisende Finnen, ebenso mit dem Rad unterwegs, wärmstens in ihrer
Stadt in Empfang. Wow, was für eine Überraschung so begrüßt zu werden.
Mit deren Unterstützung gelange ich in kürzester Zeit zum Ausgangspunkt meiner Weiterreise und kann direkt mit dem heutigen Work out beginnen.
Um die folgenden Tage etwas zu entschärfen fahre ich anstandshalber 55 km, bis ich spät abends mein Zelt aufschlage. Was mich freut ist die herzliche Offenheit der Finnen, die Natur und dass es überall Kaffee gibt. Es ist super Wetter, was auch den Mücken gefällt. Heute scheint der bisher wärmste Abend dieses Sommers zu sein, da darf also etwas finnisches Calvin Klein nicht fehlen, auch CK abgekürzt bzw. Chemische Keule im engeren Sinne: „off“. Ohne dieses Mittelchen wäre ich schon übersäht mit Stichen.
Gezeltet wird übrigens irgendwie, irgendwo, irgendwann – was soll man machen wenn es um 0:00 noch nicht dunkel ist!?
Plan für die kommenden Tage: ca. 130-150 km pro Tag. Hoffe auf tolle Gegenden, gutes Wetter und nette Bekanntschaften, und dass ihr wieder fleißig auf Betterplace spendet, wenn euch mein Blog gefällt…??!
Euer euphorischer Chris